Wie sich (auch hier) die Zeiten
ändern...
Abermals ist ein Jahr vergangen
und schon wieder steht einer dieser jährlichen Fixpunkte an der Tagesordnung.
Vorweg und zur Einstimmung auf diesen Beitrag: ich propagiere ja gerne bzw. lauthals,
dass Indie-Pop und Indie-Rock nicht tot sind. Und auch der eine oder andere
herbe Rückschlag wird mich nicht davon abhalten bzw. meine Freude und
Leidenschaft für diese Musik trüben.
Jedoch wie wir wissen ist das
einzig Sichere heutzutage die Veränderung und vieles hat sich mittlerweile gewandelt.
Das geilste Festival in unserem schönen Lande (das sich auch international
schon längst nicht mehr verstecken muss) hat ebenso davor nicht Halt gemacht.
Und siehe da, der Erfolg gibt ihnen Recht. Seit Wochen ausverkauft. Also, alles
richtig gemacht. Toller Erfolg. Ehrlichen Respekt, Glückwunsch und Mitfreude
mit dem fleißigen und engagierten Veranstalter Team, die dieses musikalische Riesenparty
aufgebaut und zu dem gemacht haben, was es heute ist (und vielen Menschen schon
sehr viele schöne Stunden damit beschert haben- inklusive mir).
Meine persönliche Einschätzung für heuer sieht da
freilich subjektiv etwas anders aus. Muss zugeben, dass ich noch nie bei einem
Frequency für so wenige Bands gebrannt habe. Ja, da und dort interessiert und
etwas Neugier. Viele deutsch-sprachige Acts und teilweise auch bekannte Namen.
Die großen Gorillaz hab ich auch noch nicht gesehen. Aber von meinen geliebten
britischen Indie Rock und Pop Bands sind dieses Mal leider nur ganz wenige und
keine Top Acts bzw. Headliner dabei. Die wilden Crispies würden mich zwar
reizen, aber die zahlen mit Start um 16.10 Uhr in der späten Nachmittagshitze
das übliche Newcomer Lehrgeld am Festival, das ich mir auch
nicht mehr antun wollte. Da wären noch die coolen Kooks und Vaccines,
vielleicht noch die altbewährten, aber längst nicht mehr ganz so
ungeschliffenen Mando Diao. Dann bin ich mit meinem (persönlichen) Latein aber
schon bald am Ende.
Das war nicht immer so. Als im
Jahre 2001 eine Handvoll Visionäre mit kleineren ausschließlich heimischen bzw.
deutschen Acts den ersten zaghaften Versuch und Premiere, damals noch in der
Wiener Arena open air starteten, konnte noch niemand ahnen, dass daraus eines
der besten und auch bekanntesten Festivals in Europa werden würde. Wobei auch
anzumerken ist, dass diese Musik-Feste im letzten Jahrzehnt einen wahren Boom
erlebt haben und in jedem Land, das was auf sich (und gute Musik) hält
insgesamt in einer mittlerweile großen Anzahl veranstaltet werden. Kreuz und
quer durch Europa. Von Nord nach Süd, von Ost nach West. Nicht nur im
Mutterland in Großbritannien (auf das wir früher neidvoll geblickt und uns an
Live Mitschnitten erfreut haben- man denke u.a. an das legendäre Glastonbury...)
Großartige Line-ups und super
Acts prägen die Zeitgeschichte unseres mittlerweile so geschätzten Konzertreigens. Schon im
Jahr nach dem angesprochenen ersten bescheidenen Versuch wanderte das damals
noch kleine Team Richtung Westen und nistete sich im ländlichen Raum am
Salzburg Ring (Motorsport Strecke) ein. Das lief dort ein paar Jahre und wuchs
zunehmend. Damit einhergehend klarerweise die Anforderungen, Ansprüche und
Herausforderungen. Von der Gastronomie bis zu den Camping- und Parkplätzen und
allen voran die Sicherheit. Da wurden bald besorgniserregende Grenzen erreicht,
wenn ich an das kleine, enge, dunkle Tunnel am Weg zwischen den beiden Stages
denke (und es mich schauert bei der Erinnerung, nicht nur ob meiner veritablen
Klaustrophobie...) oder an den berühmt berüchtigten Salzburger „Schnürl-Regen“,
der die Felder und Wiesen tief durchtränkt hatte, alle Festival Gäste natürlich
ebenso...
Aber auch meine ersten Frequency
Besuche (Ausflüge) und sehr schöne Erinnerungen verbinde ich mit dieser
vergangenen Zeit im Salzburger Land. 2003 verpasste ich noch leider knapp und höre
von Freunden von tollen Auftritten u.a. von den sehr feinen schottischen
Edelmelancholikern Travis oder unseren so geliebten Placebo (inkl.
Stromausfall). Mein Debut folgt erst 3 Jahre später. Der große Morrissey zum
ersten Mal in Österreich! Das konnte und durfte ich mir einfach nicht entgehen
lassen. Tat ich auch nicht. Dazu rundeten Muse, Tomte, Editors, Art Brut, die blutjungen Arctic Monkeys, Futureheads und noch einige mehr
das große und schöne Erlebnis ab. Unvergesslich.
Das Jahr darauf wurde nicht
weniger spannend mit einer Vielzahl starker und spannender Indie-Rock und
Indie-Pop Bands. Inklusive der so verehrten Shout out louds, Kaiser Chiefs oder
Snow Patrol und ein ganz intensiver Interpol Gig im strömenden Regen, bei dem ich (wieder mal
typisch) den Hans-Guck-in-die-Luft spielte und nicht bzw. zu spät bemerkte,
dass mich ein bei Rock Konzerten sehr begehrtes Souvenir, der ins Publikum
geschleuderte Drum Stick, am Kopf traf. Meine Musik-Kumpels lachen noch heute
darüber. Viele dieser Bands sollten nicht das einzige Mal zu Gast sein in den
folgenden Jahren.
In dieser Tonart ging es weiter
und das eingeschränkte Areal platzte mittlerweile aus allen Nähten. Einmal
durften die Salzburger noch Gastgeber spielen, dann übersiedelte das Festival
2009 in Niederösterreichs Landeshauptstadt nach St.Pölten in das VAZ, mit
seinem ausladend großen und somit sehr einladenden, großzügigen und kompatiblen
Freigelände. Inklusive des bei den (Camping-) Gästen mehr als beliebten und
erfrischenden Hauptstadt Flusses, der Traisen.
Und es sollte in den nächsten
Jahren alles noch größer und noch besser werden. Das Rahmenprogramm, Service,
Organisation, Versorgung wurden ständig erweitert, erneuert,
professionalisiert. Das Angebot immer umfassender. Eine mega Party mit immens
vielen Möglichkeiten. Und auch die Acts wurden immer größer und berühmter.
Denke da an sehr viele Highlights in den letzten Jahren. The Cure (mega gig
damals, nicht erwartet in dieser Qualität und Besonderheit am FQ), Kasabian,
Radiohead, The Killers, The Strokes, The Prodigy, Bloc Party, Mumford &
Sons, Massive Attack, The National, die Hosen, Tocotronic, Alt J, LCD
Soundsystem, Queens of the Stonge Age... und viele viele mehr. Dahinter eine
Reihe weiterer ganz grandioser Bands (ich könnte so viele aufzählen), gefolgt
von vielen formidablen Newcomern bzw. ebenso sehr geschätzten Vertretern
„meiner“ geliebten Indie-Szene und Stilrichtung. Alles was Rang und Namen hat
(hatte). Und selbst in die Halle (damals noch dritter Spiel-Ort neben den
beiden großen Stages im Freien) verirrte man sich immer wieder gerne, um den
einen oder anderen sehr geschätzten und ebenso guten Geheimtipp zu sehen
(hören, erleben). Intensiv und kraftraubend, aber das reinste Vergnügen und Paradies
für alle Indiekids.
Fast jedes Jahr wird die
Vorbereitung auf das Festivals zu einem eigenen Projekt und Entwurf eines
ausgeklügelten Zeitplans, um möglichst viele dieser Bands sehen zu können.
Gierig und ungeduldig wird der präzisen Timetable erwartet (der aufgrund
einiger last-minute Entscheidungen/Buchungen erst immer recht knapp erscheint),
um sofort die bunten Leuchtstifte zu zücken und die zahlreichen Lieblingsbands
in zwei (manchmal sogar drei) abgestuften Kategorien dick zu markieren. Um
gleich weiter in die Detailplanung überzugehen, damit auch mögliche
Überschneidungen zwischen den Bühnen bestmöglich und optimalst gelöst werden.
Ja, so war das damals. Unglaublich. Unglaublich viel. Unglaublich geil. 2013
wird aus meiner Sicht und Erinnerung allmählich die Metamorphose zu neuem,
breiteren Stilangebot und Line-up langsam in Gang gesetzt, dessen Spitze heuer
erreicht scheint.
Somit zurück in die Gegenwart.
Frequency 2018. Erstmals wechselt die übliche Marketing-Maschinerie von
Verkaufs- in Dankesbotschaften. „Sold out“ und „Danke, St. Pölten“ prangt es
schon seit Wochen auf Plakaten, Inseraten, Werbespots und in den social media
Kanälen. Wahnsinn!
Im krassen Gegensatz dazu sind
meine Marker dieses Mal jedoch leider ziemlich unterbeschäftigt. Auch die
Sorgen etwas zu versäumen halten sich ziemlich in Grenzen. Ungewöhnlich viele
Bands kenn ich gar nicht einmal (muss erst mal Youtube bemühen um mir einen
Eindruck zu verschaffen), manche nur vom Hörensagen, manche sind mir nicht so
vertraut, aber doch interessant, bei vielen weiß ich schon vorher, dass ich
schwer mehr als 3 Lieder aushalten werde (könnte). Komischerweise und im Gegensatz
zu früher auch keine so richtig großen Kracher als Headliner. Auch im Ablauf manchmal
harte Stilbrüche und zum Teil merkwürdige Reihenfolgen (Macklemore zB. „nur“
Co-Headliner vor Hardwell- etwas strange, wie auch das abwandernde Publikum gnadenlos
bestätigt).
Auffallend viel Elektronik, Rap,
Dance, Techno, Drum N‘Bass oder eine Mischkulanz aus allem, was man gemeinhin
heutzutage gerne als Crossover bezeichnet. Zu viel. Schließlich gibt es ja
mittlerweile auch schon eine Menge Elektronik Festivals. Auch härtere Gangarten
(und wilde „Bum Bum“- Musik) was früher nicht so war. Auch diese Richtung scheint
mir mit dem seit 2005 veranstalteten und nicht minder berühmten und beliebten
Nova Rock bestens abgedeckt. Dass viele dieser Bands nicht auch durchwegs
angesagt und durchaus massentauglich sind, v.a. bei den Jungen, wäre aber naiv
zu glauben oder falsch zu behaupten. Ist zu akzeptieren und respektieren. Es
ist und bleibt wieder einmal alles relativ in der Musik.
Unter diesen Voraussetzungen gehe
ich mit wenig Erwartungshaltung und ziemlich entspannt in das diesjährige
Festival. Auch mal gut. Am ersten Tage trifft mich die (neue) Stilrichtung
gleich wie eine mittelalterliche Keule mit voller Wucht. Ich treffe auf die
südafrikanische Band „Die Antwoord“, die mit extrem lauten, aggressiven Beats
und Gesang, die immer aggressiver und nervöser werden für Herzrasen sorgen, das
absolut nichts mit Verliebtsein zu tun hat. Selten so was erlebt. Kaum
auszuhalten (und wie ich mitbekomme, keineswegs eine Ausnahme im Programm des
diesjährigen Festivals). Die vielseitigen Gorillaz bringen danach
dankenswerterweise Musik und Melodie zurück on Stage. Die sympathische
Britpop-Ikone und Blur-Sänger Damon Albarn ist gut gelaunt und spielfreudig.
Zwischendurch fast etwas zu viel Weltmusik und relaxed das Ganze. Trotzdem wohltuender
Kontrast und feine Show.
Tag 2 bietet den absoluten
Höhepunkt nach meinem Empfinden, ohne mich mit dieser Band davor viel
beschäftigt zu haben. Macklemore! Wahnsinns Show, cooler Sänger, super
Performance, tolle Songs, mega Stimmung. Sehr stark. Die können was.
Beeindruckend und mitreißend. Die Menge tobt, singt und tanzt. Und alle haben
eine really, really, really good time...
Auch der dritte und vorletzte Tag
(vor der closing show am Sonntag zum Ausklang, den vermutlich viele auch nicht
mehr schaffen bzw. aushalten) bringt noch einen ebenso nicht ganz überraschenden
Höhepunkt. Der melodische Deutsch-Rapper Casper mit Band und Botschaften und
dem rauen, eindringlichen Sprechgesang, begeistert die abermalig riesige Masse
und auch mich. Dafür muss ich sogar auf voran geführte Indie Bands wie die
Kooks verzichten, zumal auch der Weg zur second Stage (die mir ohnehin nie so
ganz sympathisch war) durch ein Verkehrsaufkommen wie auf der Südost Tangente
zur Stoßzeit mit sommerlicher Baustelle nahezu versperrt scheint, was
vermutlich nicht nur mir etwas Unbehagen bereitet. Bereut habe ich es aber
keineswegs. Sehr cool, dieser Casper. Ungewohnte, neue Pfade, die mir gefallen.
Und abermals kann der Headliner danach nicht mithalten. Kygo, eine Art kleiner
Bruder von David Guetta oder Avici, der außer vom Computer eingespielten Sounds
und ein paar schönen Lichteffekten nicht wirklich viel anzubieten hat (nicht
mal sich selber). Etwas mau für einen Headliner, find ich.
Den perfekten Ausklang erlebt man
(ich) dann in der Silent Disco (oder sonst wo am weitläufigen Gelände mit dem
großen Angebot). Lustig und originell. Sehr geil. Warum kann ich eigentlich
auch nicht so genau erklären. Aber macht echt Spaß. Try it! Wer noch nicht hat,
sollte sich das unbedingt mal geben.
Stimmung und Atmosphäre waren
wieder einmal genial. Genauso wie das Wetter. Festival Genuss in Reinkultur.
Live Erlebnis pur. Selbst wenn dieses Mal musikalisch und bandtechnisch nicht
so viel dabei war für mich. Frequency ist und bleibt trotzdem stets ein
Erlebnis und die Zeit wert. Bin schon gespannt auf das nächstes Jahr...wenn es wieder
heißt: ...make some nooooise...!!!
(...und hoffentlich wieder etwas mehr Melodie und echte Instrumente...)
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